Montag, 18. April 2016

Das Gut-Mensch-Experiment: Joggen mit der Dampflok

Der Frühling ist da  ... es sprießen die Blüten, juheirassassa! Und was macht man, wenn es wieder wärmer wird? Man begibt sich ins Freie, nach draußen, in den offenen Raum.
Ehrlich gesagt, tue ich das auch im Winter, aber eben weitaus weniger. In letzter Zeit habe ich das Gut-Mensch-Experiment ein wenig zurückgefahren und krame es nur noch hervor, wenn mir etwas besonders am Herzen liegt. Neulich ist mir so ein Fall untergekommen.

Ab und zu, wenn es die Zeit zulässt, gehe ich joggen. Ja, ich weiß, das machen ziemlich viele Leute und es geht mir auch nicht darum, dafür nun großen Beifall oder Bewunderung zu ernten. Es geht darum, dass ich beim Joggen zu meiner neuesten guten Tat gekommen bin.
Also ... es ist Frühling, ich joggte so vor mich hin und dann hörte ich es. Eine Luftpumpe? Ich konnte niemanden entdecken, der seinen Reifen aufpumpte. Als das Geräusch näher kam, erinnerte es auch eher an eine Dampflokomotive. Das war zwar theoretisch möglich, da die Bahnstrecke immer in hörbarer Nähe ist, aber ich konnte keinen Dampf sehen.
Ich bog um die nächste Ecke und dann sah ich es oder besser gesagt "ihn". Die "Dampflok"!
Bereits im letzten Jahr hatten wir ihn vermehrt durch den Park joggen sehen. Gut ... eigentlich konnte man ihn vorher schon hören. Stets schuftete er sich in seinem knall-hellblauen Laufshirt über die verzweigten Wege unseres Parks. Schon damals fand ich es bewundernswert, dass jemand mit einer aerodynamisch eher an einen Schneemann auf Stelzen erinnernden Figur, sich so konsequent abrackerte, nur, um dann trotzdem wie vorher auszusehen.
Allmählich holte ich auf, bis ich schließlich neben ihm lief. Seinen braunen Vokuhila hielt er mit einem "weißen" Schweißband im Zaum. Sein Oliba glänzte vor Transpiranz.
Ich sprach ihm meine Hochachtung aus. Zunächst fühlte er sich ein wenig veralbert, doch als ich ihm versicherte, dass ich es wirklich gut finde, dass er die Sache stahlhart durchzieht, ließ er sich auf ein kurzes Gespräch ein. So viel es eben sein Atemrhythmus zuließ.
Es stellte sich heraus, dass er zwar fast täglich joggen ging, aber dass die Distanz, die er dabei zurücklegte, bei weitem nicht dem entsprach, was er sich als Ziel gesetzt hatte.
Kurzerhand bot ich ihm an, ab und zu mit ihm laufen zu gehen und ihn ein wenig dabei zu unterstützen, auch längere Strecken in Angriff zu nehmen.
Wir besiegelten den Deal per Handschlag, dann trennten sich zunächst unsere Wege.

Das Wochenende stand vor der Tür und wir hatten uns für die Mittagszeit verabredet. Ich wartete an der vereinbarten Brücke mit Blick auf die Bahngleise. Sehr passend dazu kam sie kurz darauf angeschnauft ... die Dampflok.
Wir liefen los und schon bald kristallisierte sich das wohl größte Problem für meine Aufgabe heraus: Die Dampflok war viel zu langsam. So sehr ich mich anstrengte, ich konnte einfach nicht so dahindümpeln. Für mich sollte es also auch zum Motivationstraining werden. Ich musste mich motivieren weiterzumachen. Auch, wenn es für mich keinen sportlichen Effekt haben sollte.
Nach und nach ergab es sich, dass ich immer ein Stück vorlief, umdrehte und zusammen mit ihm noch einmal bis zur selben Stelle joggte. Irgendwann war ich dann doch aus der Puste.

Dreimal haben wir das nun schon durch und die Dampflok ist immerhin schon einen Kilometer weiter, als vor ein paar Wochen. Bleibt zunächst noch ein weiterer Kilometer zu schaffen.
Ich bin gespannt.


Fortsetzung folgt ...